Adventsgeschichte 19: Der unbezwingbare Hügel mit dem verborgenen Pfad

Das Wetter hatte gedreht, der Wind blies eisig und der Hügel, der zu Beginn noch flach und leicht begehbar war, erhob sich nun steil und schneebedeckt vor ihnen in den grauen Himmel. Seine Hänge erstrecken sich nun glatt und hoch.

Mia zog die Lichtkugel aus ihrer Tasche, aber der Schimmer blieb unverändert schwach egal wohin sie die Kugel auch schwenkte. „Vielleicht führt sie uns nicht, weil wir den Weg selbst finden müssen“, überlegte Ben laut.

„Das klingt wie damals im Wald der flüsternden Stimmen“, erinnerte sich Mia. „Da mussten wir auch zuerst verstehen, was uns wirklich leitet.“

„Ja, aber diesmal ist es schwieriger. Es gibt nicht einmal einen Pfad“, sagte Ben und trat näher an den Hügel heran. Seine Füsse rutschten sofort auf dem glatten Eis aus, und er fiel hin. „Das wird ewig dauern.“

Mia kniete sich in den Schnee und betrachtete den Hügel genauer. „Vielleicht geht es nicht darum, ihn schnell zu erklimmen“, sagte sie nachdenklich. „Wir könnten es mit kleinen Schritten versuchen.“

Ben zog eine Augenbraue hoch. „Kleine Schritte? Wir kommen nie oben an, wenn wir so weitermachen.“

„Aber vielleicht lernen wir auf dem Weg etwas, das uns hilft“, gab Mia zu bedenken.

Ben seufzte, aber er nickte. „Na gut. Wir haben ja keine andere Wahl.“

Die Kinder begannen, vorsichtig den Hügel hinaufzusteigen. Sie bewegten sich langsam, gruben ihre Hände in den Schnee, um Halt zu finden, und hielten sich gegenseitig, wenn einer von ihnen drohte zu rutschen.

Nach einer Weile blickte Ben zurück und erkannte, wie weit sie bereits gekommen waren. „Vielleicht hatte Mia recht“, dachte er. „Die kleinen Schritte bringen uns wirklich weiter.“

Mia lächelte, als sie seinen Blick bemerkte. „Siehst du? Es ist nicht wichtig, wie schnell wir sind. Es zählt nur, dass wir weitermachen.“

Die Kinder fühlten sich ermutigt, doch plötzlich verdichtete sich der Schnee vor ihnen, und der Hügel wurde noch steiler. Sie konnten keinen sicheren Halt mehr finden.

„Das ist unmöglich!“ rief Ben. „Wir kommen hier nicht weiter!“

Mia betrachtete den Schnee und fühlte, wie Zweifel in ihr aufstiegen. Doch dann erinnerte sie sich an die Worte des Einsiedlers und die Begegnung mit dem Fuchs: Manchmal ist es nicht der direkte Weg, sondern ein anderer Schlüssel, der uns weiterführt.

„Vielleicht gibt es hier etwas, das wir übersehen“, sagte sie und liess ihren Blick über den Hügel gleiten. Plötzlich bemerkte sie, dass im Schnee eine alte Inschrift verborgen lag – halb von Eis bedeckt.

„Ben, schau mal! Was steht da?“

Ben kniete sich hin und blies den Schnee von den Buchstaben. „Es sieht aus wie ein Vers… warte, ich kenne das. Es ist ein Weihnachtslied.“

Mia las die Worte laut vor: Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft, einsam wacht…

Die Kinder sahen sich an. „Vielleicht müssen wir es singen“, schlug Mia vor.

„Ich weiss nicht“, sagte Ben zögernd. „Ich bin kein guter Sänger.“

„Das spielt keine Rolle. Es geht darum, dass wir es mit unserem Herzen tun.“

Sie hielten sich an den Händen und begannen, den alten Weihnachtsvers zu singen. Ihre Stimmen hallten über den Hügel, und obwohl sie leise begannen, wurden sie mit jedem Wort stärker. Die Lichtkugel in Mias Hand begann heller zu leuchten, und der Schnee vor ihnen schmolz plötzlich zurück. Ein verstecktes Tor wurde sichtbar, dahinter befand sich ein Tunnel, der direkt durch den Hügel führte.

„Das war der Schlüssel!“ rief Mia.

„Die Musik… sie hat uns geholfen, den verborgenen Pfad zu finden“, sagte Ben staunend.

Mia und Ben traten zögernd an den Eingang des Tors. Es war ein Bogen aus glattem, silbrigem Stein, der im Licht des Winters funkelte. Über dem Eingang schien ein feines Muster von Ranken und Sternen eingraviert, und als sie hindurchgingen, spürten sie einen kühlen Hauch, als ob sie eine unsichtbare Schwelle überschritten.

Der Gang, der sich vor ihnen öffnete, war dunkel, doch die Wände schimmerten schwach, als ob in ihnen ein inneres Licht brannte. Der Schnee unter ihren Füssen war einem festen, kristallinen Boden gewichen, der mit jedem Schritt ein leises Echo erzeugte.

„Es fühlt sich an wie … als ob wir durch einen Traum gehen,“ flüsterte Mia. Ihre Stimme klang seltsam gedämpft, als ob die Wände jedes Geräusch verschluckten.

Ben lief mit den Fingern über die glatten Wände. „Fühl mal, das ist wie Eis, aber warm. Irgendwie lebendig.“

Je weiter sie gingen, desto stärker wurde ein leises Summen, das aus der Tiefe des Hügels zu kommen schien. Es war ein sanfter Ton, wie eine Mischung aus Wind und Gesang. Die Kinder spürten, wie er in ihrer Brust vibrierte, als würde er mit ihrem eigenen Herzschlag verschmelzen.

Nach einer Weile wurde der Gang heller, und sie erblickten am Ende einen Schimmer von grünem Licht. „Da vorne,“ sagte Mia, ihre Stimme nun voller Erwartung.

Als sie aus dem Tunnel traten, hielten sie den Atem an. Vor ihnen lag ein Wald, aber nicht irgendein Wald. Die Bäume waren riesig, ihre Äste breiteten sich wie schützende Arme aus, und ihre Blätter schimmerten in einem sanften Grün, obwohl es Winter war. Der Boden war bedeckt von Moos, das im schwachen Licht leuchtete, und durch die Äste fielen leuchtende Partikel, wie Schneeflocken aus Licht.

„Wow,“ flüsterte Ben.

Ein sanfter Wind wehte durch die Bäume, trug einen Duft von frischem Holz und süsser Erde mit sich. Mia schloss die Augen und atmete tief ein. „Es fühlt sich an wie … ein Versprechen. Ein neuer Anfang.“

– Kreatoren: TEAM von PusteBirke.ch –

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