Adventsgeschichte 13: Der Abgrund der Zweifel

Nach dem Schneesturm war der Himmel am nächsten Morgen noch bedeckt. Ben und Mia krochen langsam aus ihrer warmen, gemütlichen Höhle. “ Sie nur Mia, der Weg führt uns wieder in die Berge” “ ja, lass uns was essen und dann gehen wir weiter”.

Der Weg in die Berge führte immer höher hinauf. Der Wind wurde stärker, die Luft kälter, und vor ihnen erhob sich ein steiler Berg, dessen Gipfel in dichten Wolken verschwand.

„Wir sollen da hinauf?“ fragte Ben skeptisch. Der schmale Pfad schien in schwindelerregender Höhe zu verlaufen, flankiert von Felswänden.

Mia sah auf die Kugel in ihrer Hand, deren Licht den Pfad sanft erhellte. „Die Kugel führt uns dorthin. Also gibt es auch einen Weg.“

Der Aufstieg war beschwerlich. Der Schnee unter ihren Füßen war rutschig, und der Wind zerrte an ihren Mänteln. Der Pfad wurde schmaler, die Kinder gingen um einen grossen Brocken aus losen Steinen herum und blieben wie angewurzelt stehen. Das war unmöglich! Mia starrte auf den Weg vor ihnen, oder besser gesagt auf das fehlende Stück des Weges. Ben stotterte:” Mia, der Weg ist weg. Wir können nicht weiter!“ rief er. Seine Beine zitterten vor Anstrengung und Angst. Mia überlegte fieberhaft und kam zu einem Entschluss. ”Ben, wir springen.” Sagte sie entschlossen.

„Aber was, wenn ich ausrutsche?“ Ben schaute Mia entsetzt. „Das sieht unmöglich aus.“

Mia hielt inne und blickte zu ihm zurück. Sie sah die Unsicherheit in seinen Augen und erinnerte sich an die Worte der Fee.

„Ben, du kannst das. Denk an das Licht in dir. Es hat uns durch den Wald geführt, den Schneesturm beruhigt und uns gewärmt. Es ist immer noch da.“

Ben schüttelte den Kopf. „Aber das hier ist echt! Wenn ich ausrutsche und zu wenig weit springe, hilft mir kein Licht der Welt.“

Mia legte ihm die Hand auf die Schulter. „Das Licht kann dir die Kraft für diesen Sprung geben und ich bin bei dir wir schaffen das zusammen. Ich springe zuerst.”

Ben schaute ängstlich und schlang die Arme um sich, doch im war klar, zurück gehen könnten sie nicht.

Nach einem Moment nickte Ben zögernd. „Okay, wir tun es.“

Sie umarmten sich ganz fest und Mia holte Anlauf, sie fand gut Halt für den Absprung und landete sicher auf der anderen Seite.

Ben war glücklich und erleichtert, sie hat es geschafft, doch eine Sekunde später packte ihn die Angst, jetzt war er dran.

Ben stand am Rand des Abgrunds, die Tiefe vor ihm schien endlos. Der Wind zerrte an seiner Kleidung, seine Hände zitterten, und ein Klumpen saß in seinem Magen.

„Du kannst das, Ben!“ Mias Stimme rief von drüben. Sie stand sicher auf der anderen Seite, ihre Augen fest auf ihn gerichtet. „Ich bin hier, ich warte auf dich!“

Ben schluckte schwer. Die Distanz war nicht groß, aber groß genug, um Angst zu machen. Wenn er fiel… er schüttelte den Gedanken ab.

„Ich… ich weiß nicht, ob ich das kann“, murmelte er, mehr zu sich selbst als zu ihr.

„Doch, kannst du!“ Mia kniete sich hin, beugte sich so weit über den Rand, dass Ben fast protestieren wollte. „Ich bin hier, ich lasse dich nicht allein! Spring, Ben! Ich fange dich auf, wenn du es brauchst!“

Ihr Vertrauen war wie ein Anker in seinem Chaos. Er atmete tief durch, blickte noch einmal in ihre entschlossenen Augen, dann setzte er zurück.

„Okay“, flüsterte er. „Okay, ich mache es.“

Er rannte los, sein Herz hämmerte in seiner Brust, und mit einem letzten kräftigen Absprung flog er über die Kluft. Für einen Moment fühlte er sich schwerelos, allein in der Luft, aber dann spürte er, wie Mias Hand sich nach ihm ausstreckte. Ihre Finger fanden seine, fest und sicher, und zogen ihn mit einem kräftigen Ruck über die Kante.

Er landete hart auf der anderen Seite, atemlos und mit zitternden Knien, aber sicher. Mia ließ ihn nicht los, ihre Hand hielt seine fest.

„Siehst du? Du warst nie allein“, sagte sie mit einem Lächeln, das selbst die Dunkelheit des Abgrunds zu vertreiben schien.

Ben lachte nervös und lehnte sich für einen Moment gegen sie. „Danke“, flüsterte er.

Plötzlich hörten sie ein tiefes Grollen. Der Boden unter ihren Füßen vibrierte, und der Berg begann zu beben.

„Was ist das?“ rief Mia.

Ben blickte nach oben. Eine Lawine aus Schnee und Geröll raste den Hang hinunter – direkt auf sie zu.

Er reagierte innerhalb einer Millisekunde und schubste Mia blitzschnell gegen die schützende Felswand. Sie pressten sich dagegen und die Lawine donnerte an ihnen vorbei in den Abgrund.

Sie blieben einen Moment ruhig beieinander stehen bis sich die grösste Aufregung gelegt hatte.” Dass war knapp, komm lass uns weiter gehen” sagte Ben. Mia war einverstanden. “die Frage ist, wohin genau.” sie griff in ihre Tasche, doch diese war leer. “Oh nein, die Kugel ist Weg!” Mia war entsetzt. “ Sicher ist sie in den Abgrund gefallen, als ich mich gebückt habe.”

Mia kniete sich nieder und tastete verzweifelt zwischen den Steinen.

„Sie ist weg“, flüsterte sie.

Ben trat näher. „Wir finden sie wieder, Mia.“

Doch Mia schüttelte den Kopf. „Wie sollen wir ohne die Kugel weitergehen? Sie hat uns den Weg gezeigt. Ohne sie… sind wir verloren.“

Ihre Hände zitterten, und sie fühlte, wie Zweifel und Verzweiflung sich in ihr breitmachten. „Vielleicht war das alles ein Fehler“, murmelte sie. „Vielleicht schaffen wir es nicht.“

Ben sah Mia an und erinnerte sich daran, wie sie ihn zuvor ermutigt hatte. Jetzt war es an ihm, Mia zu helfen.

„Mia, hör zu“, sagte er und kniete sich neben sie. „Du hast mir beigebracht, dass wir nicht nur die Kugel brauchen. Wir haben unser eigenes Licht. Erinnerst du dich? Es hat uns durch den Sturm geführt. Es ist immer noch da.“

Mia schaute ihn an, ihre Augen voller Zweifel.

„Vertrau auf dich selbst“, fuhr Ben fort. „Und vertrau auf uns. Wir finden die Kugel, aber wir können auch ohne sie stark sein.“

Mia atmete tief durch. Sie schloss die Augen und suchte nach dem Licht in sich. Es war schwach, kaum mehr als ein Flackern, aber es war da. Sie spürte, wie es stärker wurde, als sie daran dachte, wie weit sie bereits gekommen waren.

„Du hast recht“, sagte sie schließlich. „Mein Licht ist immer noch da.“

Ben lächelte. „Komm, wir suchen die Kugel zusammen.“

Gemeinsam suchten sie zwischen den Steinen und dem Schnee. Es war mühsam, und Mia spürte, wie ihre Finger vor Kälte taub wurden. Doch dann sah Ben ein schwaches Schimmern zwischen zwei Felsbrocken.

„Mia! Da ist sie!“ rief er.

Mia eilte zu ihm und sah, wie die Kugel unter dem Geröll lag, ihr Licht fast vollständig erloschen. Sie hob sie vorsichtig auf, und als sie sie in den Händen hielt, begann das Licht langsam wieder zu leuchten.

„Du hast sie gefunden!“ sagte Mia erleichtert.

Ben grinste. „Wir haben sie gefunden. Gemeinsam.“

Die Kinder setzten ihren Weg fort, die Kugel wieder sicher in Mias Händen. Doch Mia spürte, dass sie etwas Wichtiges gelernt hatten. Auch wenn die Kugel wichtig war, war das innere Licht in ihnen genauso stark – und vielleicht noch bedeutender.

Es war verbunden mit der Kugel und den Sternen.

Als sie schließlich den Gipfel erreichten, sahen sie, wie die Wolken aufbrachen und die Sonne den nächsten Abschnitt ihres Weges erhellte.

– Kreatoren: TEAM von PusteBirke.ch –

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