Das Schweizer Schulsystem steht vor erheblichen Herausforderungen, die dringend angegangen werden müssen. Bildungsexperten identifizieren mehrere Kernprobleme und schlagen Reformen vor, um die Qualität der Bildung zu verbessern und allen Schülern faire Chancen zu bieten.
Hauptprobleme des aktuellen Systems
Qualität der Ausbildung
Ein Viertel der Schüler verlässt die Volksschule mit unzureichenden Lese- und Mathematikfähigkeiten1. Dies ist nicht nur für die individuellen Zukunftschancen problematisch, sondern auch angesichts des Fachkräftemangels ein gesamtgesellschaftliches Problem1.
Frühe Selektion
Die Einteilung in Leistungsniveaus nach der 6. Klasse wird als besonders problematisch angesehen1. Diese Selektion:
- Erfolgt zu einem entwicklungspsychologisch ungünstigen Zeitpunkt (während der Pubertät)3
- Ist oft fehlerhaft und reproduziert soziale Ungleichheiten1,3
- Schränkt die zukünftigen Bildungschancen vieler Schüler ein3
Mangelnde Durchlässigkeit
Trotz des Anspruchs auf Durchlässigkeit wechseln nur etwa 6% der Schüler das Leistungsniveau, meist nach unten1. Dies zementiert frühe Bildungsentscheidungen und erschwert spätere Korrekturen3.
Volkswirtschaftlicher Schaden
Eine Studie schätzt den jährlichen Wohlstandsverlust durch die frühe Selektion auf bis zu 30 Milliarden Franken3.
Lösungsansätze für ein besseres Bildungssystem
Abschaffung der frühen Selektion
Experten plädieren für ein längeres gemeinsames Lernen ohne Aufteilung in Leistungsniveaus3. Dies würde individuelle Entwicklungsunterschiede berücksichtigen und Fehleinschätzungen vermeiden.
Individualisierung des Unterrichts
Statt starrer Jahrgangsklassen wird ein flexibleres System vorgeschlagen, das auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schüler eingeht4. Dies könnte durch den Einsatz zusätzlicher Fachkräfte und interdisziplinärer Teams unterstützt werden4.
Reform der Leistungsbeurteilung
Eine Abkehr vom reinen Notensystem hin zu differenzierteren Beurteilungsformen wird diskutiert4. Insbesondere in der Primarschule könnten alternative Feedback-Methoden den Leistungsdruck reduzieren und die Lernmotivation fördern.
Flexibilisierung der Übergänge
Ein fliessender Übergang von der Schule in die Berufswelt, etwa durch integrierte Praktika oder Sprachaufenthalte im letzten Schuljahr, könnte die Berufswahl erleichtern4.
Fokus auf Kompetenzen statt Stoffvermittlung
Eine stärkere Orientierung an Kompetenzen, wie im Lehrplan 21 vorgesehen, könnte das «Bulimie-Lernen» reduzieren und nachhaltigeres Lernen fördern2.
Zusammenfassend
Das Schweizer Schulsystem steht vor der Herausforderung, sich den Bedürfnissen einer modernen Gesellschaft anzupassen. Eine Reform, die auf Individualisierung, Chancengleichheit und kompetenzorientiertes Lernen setzt, könnte den Weg zu einem gerechteren und effektiveren Bildungssystem ebnen. Der Veränderungsdruck ist hoch, und es liegt an Politik, Pädagogen und Gesellschaft gemeinsam, diese notwendigen Reformen anzugehen.
Inspirierend!
Max Fedrigoli präsentiert in diesem beeindruckenden Video sein Maturaprojekt, das er mit viel Leidenschaft und Hingabe umgesetzt hat. Der Film beleuchtet die Frage, wie eine perfekte Schule aussehen könnte, und regt dazu an, über das Bildungssystem nachzudenken und es gemeinsam weiterzuentwickeln.
Mit Interviews von Experten wie Philippe Wampfler, Giada Galavotti und Nils Landolt zeigt der Beitrag, welche Ansätze und Visionen für eine moderne, gerechte und nachhaltige Schule existieren.
Quellen:
- SRF News 24.03.2024: Bildungsforscherin: «Wir haben ein riesiges Problem»
Katharina Maag Merki Professorin für Theorie und Empirie schulischer Bildungsprozesse - Elternmagazin 03.012019: Daniel Burg, woran krankt unser Schulsystem? 2
Dani Burg, Schulleiter - Blick.ch 09.03.2024: Schluss mit Leistungsstufen in der Volksschule!
Jörg Berger ist Co-Schulleiter in Knonau und Geschäftsleitungsmitglied beim Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz - 20min.ch 19.06.2024: Liams (15) Schul-Revolution kommt bei Experten gut an