Adventsgeschichte: 10 Der Fluss der Klarheit

Die Pause hatte gut getan. Den Ganzen Morgen ruhten sie bei dem alten Baum, der nicht müde wurde, ihnen aus seinem Langen Leben zu erzählen.

Bis die goldene Kugel pulsierte. Sie sendete ein Lichtstrahl aus, der in die Ferne zeigte und so war klar, dass die Zeit des Aufbruchs gekommen war. Herzlich verabschiedeten sich die Kinder von dem Baum und machten sich auf den Weg, bereit, die nächsten verlorenen Sterne zu retten und dem Himmel sein Licht zurückzugeben.

Mia und Ben standen am Ufer eines breiten Flusses, dessen Wasser dunkel und träge wirkte. Über dem Fluss lag ein dichter, silberner Nebel, der das andere Ufer völlig verbarg. Das Wasser gluckste leise, und irgendwo in der Ferne hörte man ein unheimliches Raunen, das sich wie ein Flüstern von Stimmen anhörte.

„Wir müssen irgendwie hinüber“, sagte Mia und sah sich um. Keine Brücke war in Sicht, und das Wasser wirkte alles andere als einladend.

Ben schüttelte den Kopf. „Da geh ich nicht rein. Was, wenn uns der Fluss verschlingt? Oder da unten etwas auf uns lauert?“

Mia hielt die goldene Kugel fest in ihrer Hand. Sie hatte gelernt, auf das Licht zu vertrauen. „Lass uns sehen, was die Kugel sagt“, schlug sie vor und hob sie hoch. Sofort begann sie, ein sanftes, goldenes Leuchten auszustrahlen. Ein Lichtstrahl schoss aus ihr hervor und fiel auf die Wasseroberfläche. Dort, wo das Licht das Wasser berührte, begann es zu funkeln. Nach und nach tauchten schimmernde Steine aus dem Fluss auf, die wie leuchtende Inseln aus Sternenlicht aussahen.

„Das sind unsere Trittsteine“, sagte Mia und trat näher an den Rand des Wassers. Die Steine waren nicht gross, gerade gross genug, um sicher darauf stehen zu können. Doch sie funkelten magisch, als würden sie den Weg selbst weisen.

Ben sah die Steine skeptisch an. „Was, wenn sie verschwinden, wenn wir draufstehen?“

„Nur eine Möglichkeit, es herauszufinden“, sagte Mia entschlossen. Sie trat auf den ersten Stein, und zu ihrer Erleichterung fühlte er sich fest und stabil an. Das Licht der Kugel pulsierte sanft, als ob es ihr Mut zusprach. „Siehst du? Es funktioniert!“

Ben zögerte einen Moment, folgte ihr dann aber vorsichtig. „Wenn wir nur bloss nicht ins Wasser fallen“, murmelte er, doch er hielt den Blick fest auf den nächsten Stein gerichtet.

Während sie Stein für Stein den Fluss überquerten, wurde der Nebel um sie herum dichter. Er kroch über die Wasseroberfläche und wirbelte in seltsamen Mustern umher. Das Raunen wurde lauter, und Ben blieb stehen. „Mia, hörst du das? Es klingt, als würde jemand unseren Namen rufen.“

Mia spürte, wie ein kalter Schauer über ihren Rücken lief. Der Nebel begann, Formen anzunehmen – dunkle Schatten, die sich um die Steine wickelten und sich wie Hände ausstreckten. „Lauf einfach weiter“, sagte sie und hielt die Kugel noch fester. „Das Licht wird uns schützen.“

Doch Ben blieb stehen. „Was, wenn es wirklich jemand ist? Was, wenn sie Hilfe brauchen?“ Er drehte sich um, doch Mia packte seine Hand. „Es ist eine Illusion“, sagte sie bestimmt. „Das Licht der Kugel hat uns bisher immer geholfen. Vertrau mir.“

Ben nickte unsicher und folgte Mia weiter, doch der Nebel wurde dichter, und die Schatten wurden immer bedrohlicher. Sie schienen näher zu kommen, und das Raunen verwandelte sich in ein Flüstern direkt an ihren Ohren. „Bleibt hier… kehrt um… ihr werdet scheitern.“

Plötzlich blieb Mia stehen. Sie drehte sich zu Ben um und sah ihm direkt in die Augen. „Ben, schau hin. Es ist nicht echt. Es sind nur Stimmen – sie können uns nichts tun.“

Ben schluckte schwer und zwang sich, die Schatten genauer anzusehen. Und tatsächlich, je länger er sie betrachtete, desto weniger bedrohlich wirkten sie. Die Formen zerfielen langsam, wie Nebel, der von einem Windstoss verweht wird. Auch das Raunen wurde leiser, bis es vollständig verstummte.

„Du hattest recht“, flüsterte Ben und blickte erleichtert auf die Kugel in Mias Hand. „Es war alles nur eine Illusion.“

Der schwindende Nebel gab den Blick auf das Wasser des Flusses frei und Ben konnte etwas tief unten im Fluss leuchten sehen. Er bückte sich um genauer sehen zu können und tatsächlich unten im Fluss hatte sich ein Stern verfangen in den Wasserpflanzen. “ Mia, schau ein weiterer verlorener Stern, doch wie sollen wir ihn befreien?” Mia dachte nach, schliesslich meinte sie: „Was, wenn wir den Stern nicht einfach physisch befreien, sondern seine Energie erwecken und er sich so selbst befreien kann?“ “ wow Mia, das ist eine sehr gute Idee, so wie du mir geholfen hast, dass die Stimmen der Zweifel nur eine Illusion waren. Doch wie soll das gehen, wie könnte der Stern Kraft und Zuversicht tanken?” Die Kinder schauten sich um und ihr Blick wanderte nach oben. Mittlerweile war der Mond aufgegangen und leuchtete schon sehr hell über den Fluss.

Mia fiel ein, dass sie den Anhänger der ihr die Grossmutter geschenkt hatte um den Hals trug. Daran hing ein Silbernes Medaillon mit einem Bild von ihnen beiden. Mia dreht es zwischen den Fingern und dachte an Oma, sie wusste doch immer einen Rat. Da plötzlich blitze das Licht des sich darin spiegelnden Mondes auf. ‘das ist es!”, rief Ben aufgeregt. “Lenke das Mondlicht mit Hilfe deines Medaillons auf den Stern.” Es klappte, die Reflexion des Mondlichtes, die den Stern nun direkt anleuchtete, schien ihn heller werden zu lassen, als würde er immer mutiger und stärker. Plötzlich löste sich der Stern aus dem Wasser und schwebte leuchtend in die Luft. Einen kurzen Moment hielt er bei den Kindern inne als bedanke er sich, um dann mit einem glitzernde Schweif direkt an seinen Platz im Himmel zu schweben.

Die letzten Schatten und Nebel waren von der Flussoberfläche verschwunden und das Wasser lag friedlich sich kräuselnd im glänzenden Mondlicht vor den Kindern. Mühelos konnten sie die letzten leuchtenden Steine erkennen und diese liessen sie sicher ans andere Ufer gehen.

Kaum hatten sie den festen Boden erreicht, verblassten die Trittsteine hinter ihnen und verschwanden im Wasser. Alles war jetzt hell und klar, ohne jede Spur der Dunkelheit, die sie zuvor bedroht hatte.

„Wir haben es geschafft“, sagte Mia, während sie das Medaillon an ihre Brust drückte. „Oma war bei uns.“

Ben nickte, ein kleines Lächeln auf den Lippen. „Ja, auf Oma ist einfach Verlass.“

Sie lachten, erleichtert, und blickten den neuen Weg hinunter, der sich nun vor ihnen erstreckte. Die Luft war klar, und am Horizont leuchteten die Sterne heller denn je. Mit einem neuen Gefühl von Zuversicht machten sie sich auf den Weg, bereit, den nächsten Abschnitt ihres Abenteuers zu meistern. Denn sie wussten, sie waren nicht allein.

– Kreatoren: TEAM von PusteBirke.ch –

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