Nach dem erfolgreich gelösten Rätsel und der Ruhepause, fühlten sich Ben und Mia gestärkt und Zuversichtlich. Der Weg führte sie aus dem Wald hinaus auf eine weite, schneebedeckte Ebene, die sich unter einem sternenklaren Himmel erstreckte. Die Luft war kühl, und der Schnee knirschte unter ihren Füssen. Es war ein friedlicher Moment, der sie für einen Augenblick vergessen liess, wie schwierig die Reise bisher gewesen war.
„Schau dir die Sterne an“, sagte Mia und blieb stehen, um in den Himmel zu blicken. „Es sieht aus, als wären es tausende von ihnen.“
„Ich habe noch nie so viele gesehen“, antwortete Ben ehrfürchtig. „Aber… warte mal. Siehst du das?“ Er deutete auf einen Bereich am Himmel, der dunkel und sternenlos war – ein seltsamer Kontrast zu den funkelnden Lichtern ringsum.
„Da fehlen Sterne“, stellte Mia fest. „Das sieht irgendwie falsch aus.“
Plötzlich begann die goldene Kugel in Mias Tasche zu glühen. Sie zog sie hervor, und das warme Licht leuchtete auf die Ebene vor ihnen. Direkt vor ihnen tauchte etwas aus dem Schnee auf – eine Gestalt, klein und schimmernd, fast wie ein Stern, der auf die Erde gefallen war.
„Wer seid ihr?“ fragte die Gestalt mit einer sanften, fast melodischen Stimme. Ihre Form war flüchtig, als ob sie aus Licht und Luft bestand.
Mia hielt die Kugel fest und trat näher. „Wir sind Ben und Mia. Wir folgen dem Pfad der Sterne.“
„Der Pfad der Sterne“, wiederholte die Gestalt und seufzte. „Dann seid ihr vielleicht diejenigen, die uns helfen können.“
Die Kinder sahen sich an, überrascht. „Wobei sollen wir helfen?“ fragte Ben vorsichtig.
„Ich bin ein Sternenwächter“, erklärte die Gestalt. „Meine Aufgabe ist es, den Himmel zu bewachen und die Sterne an ihrem Platz zu halten. Doch etwas Dunkles hat einige von uns gestohlen. Diese verlorenen Sterne können nicht mehr leuchten, und der Himmel wird immer dunkler.“
„Gestohlen?“ fragte Mia. „Von wem?“
„Wir wissen es nicht genau“, antwortete der Sternenwächter. „Es ist eine Kraft, die aus dem Schatten kommt und das Licht verzehrt. Wenn die verlorenen Sterne nicht zurückkehren, könnte der Himmel für immer dunkel bleiben.“
Ben runzelte die Stirn. „Das klingt furchtbar. Aber was können wir tun?“
„Die Kugel, die ihr tragt, ist mit dem Licht der Sterne verbunden“, erklärte der Wächter. „Mit ihrer Hilfe könnt ihr die verlorenen Sterne finden und sie befreien. Aber der Weg wird nicht leicht sein.“
Mia sah die Kugel an, die jetzt sanft in ihrer Hand pulsierte. Sie wusste, dass sie keine andere Wahl hatten. „Wir helfen dir. Sag uns, wo wir anfangen sollen.“
Der Sternenwächter nickte dankbar. „Der erste verlorene Stern ist nicht weit von hier. Folgt dem Licht der Kugel. Sie wird euch führen.“
Die Gestalt verblasste und verschwand, als ob sie nie da gewesen wäre, und die Kinder blieben allein zurück. Mia hielt die Kugel hoch, und ein sanfter Lichtstrahl schoss aus ihr heraus und zeigte in Richtung eines grossen Hügels am Horizont.
„Na toll“, murmelte Ben. „Natürlich müssen wir wieder einen Hügel hochklettern.“
Mia lächelte leicht. „Besser ein Hügel als eine Schlucht. Los, komm.“
Der Aufstieg zum Hügel war anstrengend, denn der Schnee war tief, und der Wind blies ihnen ins Gesicht. Doch die Kugel leuchtete stetig weiter und wies ihnen den Weg. Als sie den Gipfel erreichten, sahen sie einen grossen, dunklen Baum, der allein auf dem Hügel stand. Seine Äste waren kahl, und um ihn herum wirkte die Landschaft tot und trostlos.
„Ich glaube, wir sind da“, sagte Mia.
Ben schauderte. „Dieser Baum sieht aus, als würde er gleich zum Leben erwachen und uns angreifen.“
„Hoffentlich nicht“, meinte Mia, doch ihre Stimme klang unsicher. Sie trat näher an den Baum heran und bemerkte etwas Seltsames: Zwischen den Ästen hing ein kleiner, glühender Punkt, wie ein Licht, das gefangen war.
„Das muss der verlorene Stern sein!“ rief Mia und streckte die Hand nach dem Licht aus.
Plötzlich begann der Boden zu beben, und der Baum bewegte sich tatsächlich. Seine Äste reckten sich wie Arme, und ein tiefes Knurren hallte durch die Luft. „Ihr wagt es, meinen Schatz zu stehlen?“ dröhnte eine Stimme, die direkt aus dem Baum zu kommen schien.
Ben stolperte zurück. „Ich wusste es! Warum können wir nicht einmal etwas Einfaches machen?“
Mia blieb stehen, obwohl sie Angst hatte. „Der Stern gehört nicht dir“, sagte sie fest. „Er gehört zum Himmel. Wir müssen ihn zurückbringen.“
„Ihr könnt ihn nicht haben“, knurrte der Baum. „Er gibt mir Kraft. Ohne ihn bin ich nichts.“
Die goldene Kugel begann, heller zu leuchten, und der Baum zog sich zurück, als ob das Licht ihn blenden würde. „Das Licht… es brennt“, knurrte er und liess seine Äste sinken.
Mia dämpfte das Licht der Kugel mit ihren Händen. Ben wagte sich wieder ein paar Schritte nach vorne und fragte zögerlich aber mit fester Stimme:” warum denkst du, dass du das Licht des Sternes brauchst?”
Schon ein wenig freundlicher antwortete der Baum: “Weil ich schon so lange alleine hier oben stehe, dass ich ganz vergessen habe, wie es ist von jemandem Wärme und Nähe zu bekommen.”
Ben überlegte und hatte plötzlich eine Idee. “ Meine Oma sagt immer, wenn ich sie umarme, wird ihr ganz warm ums Herz und bei mir ist das auch so. Ich könnte dich ganz fest umarmen und dann würde dich die Wärme meines Herzens vielleicht für immer aufladen.” Mia spürte ein Kribbeln im Bauch und wollte unbedingt auch mithelfen. Schnell steckte sie die Kugel in die Tasche und breitete ihre Arme aus. Der Baum war einverstanden und so schmiegten sich die beiden Kinder an den Stamm des uralten Baumes. Wundersames leuchten breitete sich aus und ein Klang wie aus ganz feinen Glöckchen lag in der Luft. Mia und Ben wussten nicht, wie lange sie schon so da gestanden hatten als sich der Baum ganz fein zu räuspern begann, die Kinder schauten auf und staunten nicht schlecht, als sie an den Ästen ganz kleine noch geschlossene Knospen sahen, gut geschützt durch eine sanfte Schneehaube. Im Frühjahr würden sie sich bestimmt zu wunderbaren Blüten entfalten.
Der Baum war überglücklich und lies den Stern sanft in Mias Hände gleiten. “Ihr könnt ihn haben als dank für Eure Herzenswärme, für uns Bäume gibt es fast nichts schöneres.”
Kaum hatte sie den Stern berührt, fühlte sie eine warme Energie durch ihren Körper strömen.
Ben trat neben Mia und schaute auf den Stern in ihrer Hand. „Das war… so schön.”
Mia hielt den Stern hoch und er begann zu schweben, als ob er selbst wusste, wohin er gehörte. Mit einem sanften Glühen stieg er in die Luft und verschwand in den Himmel.
Die Kinder schauten ihm nach und sahen, wie der dunkle Fleck am Himmel verschwand. Ein neuer Stern leuchtete hell und klar.
„Wir haben es geschafft“, sagte Mia lächelnd.
„Ja, aber ich habe das Gefühl, das war erst der Anfang“, meinte Ben.
“Das glaube ich auch, doch für den Moment bleiben wir hier und ruhen uns aus.”
An den Wurzeln des alten Baumes war es geschützt und geborgen. Umhüllt vom Warmen Licht der Kugel rasteten die Kinder.
Um in ein paar Stunden gestärkt und erfrischt ihren Weg fortzusetzen.
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