Mobbing an Schweizer Schulen: Lisa

Der unsichtbare Schmerz

Es begann schleichend. Ein paar abfällige Bemerkungen über ihre Kleidung, gefolgt von spöttischem Lachen. Lisa versuchte, es zu ignorieren. „Es sind nur Neckereien“, redete sie sich ein. Doch die kleinen Sticheleien wuchsen schnell zu einem unaufhörlichen Strom an Boshaftigkeiten heran. Jeden Tag ging Lisa mit einem Knoten im Magen zur Schule, nicht wissend, welche Qualen sie diesmal erwarten würden.

Am Anfang war es noch erträglich. Ein paar Mädchen in ihrer Klasse machten sich über ihr altes Fahrrad lustig. Lisa versuchte, sich einzureden, dass es nicht so schlimm sei, doch das Lachen und die Kommentare trafen sie tief. Bald blieb es nicht mehr nur bei den Bemerkungen. Eines Tages, als sie auf dem Schulhof sass, kamen zwei Jungen auf sie zu und schubsten sie, bis sie hinfiel. „Guckt mal, wie schwach sie ist“, rief einer von ihnen und das Gelächter der Umstehenden brannte sich in Lisas Seele ein.

Im Klassenzimmer wurde sie zur Zielscheibe für Spott und Hohn. Die Lehrer schienen es nicht zu bemerken oder wollten es nicht sehen. „Warum hilfst du mir nicht, Herr Müller?“ fragte sie sich immer wieder, während sie versuchte, sich auf den Unterricht zu konzentrieren, obwohl sie wusste, dass es keine Antwort geben würde. Herr Müller, ein älterer Lehrer, der sich bemüht, allen gerecht zu werden, schien mit der Klasse überfordert. Die unterschiedlichen Niveaus und Bedürfnisse der Schüler machten es ihm schwer, auf jedes einzelne Problem einzugehen.

Doch das Schlimmste war die Isolation. Lisa fühlte sich zunehmend allein. Früher hatte sie ein paar enge Freundinnen gehabt, doch jetzt traute sich niemand mehr, mit ihr gesehen zu werden. Die Mobber hatten die Kontrolle übernommen, und die Angst, selbst zum Opfer zu werden, hielt die anderen Kinder davon ab, ihr beizustehen.

Als die Mobber merkten, dass sie Lisa auch online verletzen konnten, nutzten sie diese Gelegenheit. Auf Instagram und WhatsApp kursierten beleidigende Nachrichten und peinliche Fotos. Jemand hatte ein Foto von Lisa gemacht, als sie in der Pause alleine auf der Bank sass und weinte. Dieses Foto wurde geteilt mit Kommentaren wie „Schaut mal, die Heulsuse!“ und „Kein Wunder, dass sie keiner mag.“

„Mama, ich will nicht mehr zur Schule gehen“, flehte Lisa eines Morgens unter Tränen. Ihre Mutter, die den Schmerz in den Augen ihrer Tochter sah, wusste, dass dies mehr als nur eine Phase war. Sie erinnerte sich daran, wie Schule vor 30 Jahren war, als sie selbst ein Kind war. Damals waren die Schulen kleiner, persönlicher. Die Lehrer kannten die Familien ihrer Schüler und Probleme wurden direkt und menschlich gelöst. Es gab keine grossen Verwaltungsebenen, die die Schulen wie Unternehmen führten und sich politisch profilieren wollten.

Heute hingegen fühlt es sich an, als ob die Schulleitung und die Verwaltung mehr daran interessiert sind, ihre Statistiken und politischen Ambitionen zu schützen, als die Kinder. Die Schulpflicht manchmal so strikt umzusetzen, dass es sich anfühlt, wie ein offener Vollzug.

„Wir können nichts tun, Lisa muss zur Schule gehen“, wurde den Eltern gesagt. „Es ist ihre Pflicht.“ Doch wie kann man ein Kind zwingen, an einen Ort zu gehen, der ihm solche Schmerzen bereitet?

Lisa konnte nirgendwo mehr entkommen. Ihr Zuhause war ihr letzter Zufluchtsort, aber selbst dort holte sie das Mobbing ein, in Form von Nachrichten auf ihrem Handy und Bildern, die sie verfolgten. Ihre Mutter sass oft bis spät in die Nacht an ihrem Bett, hielt ihre Hand und versprach, dass alles besser werden würde. Doch beide wussten, dass diese Versprechen leer waren, solange sich nichts an der Schule änderte.

Lisa hatte Albträume und wachte oft schreiend auf. Die Angst, die sie tagsüber begleitete, liess sie auch nachts nicht los. Ihr Vater, der immer versuchte, stark zu bleiben, fand sich in Tränen aufgelöst in seinem Auto wieder, unfähig, seiner Tochter zu helfen. „Es tut mir so leid, Lisa“, flüsterte er, während er sie in den Armen hielt. Doch die Hilflosigkeit frass an ihm.

Es musste etwas geschehen. Lisas Eltern beschlossen, Hilfe zu suchen und stiessen auf WirFamilien. Sie fanden heraus, dass sie nicht allein waren und dass es Möglichkeiten gab, sich zu wehren.

Lisas Geschichte ist ein Weckruf. Sie zeigt, dass das aktuelle Schulsystem in der Schweiz grosse Mängel aufweist, die dringend behoben werden müssen. Die Selbstkontrolle der Schulen, die Überforderung durch die Inklusion und die mangelnde Unterstützung für Mobbingopfer sind Probleme, die nicht länger ignoriert werden dürfen. Es ist Zeit, dass wir gemeinsam für ein besseres, gerechteres Schulsystem kämpfen. Ein System, das freie Bildungswahl ermöglicht und Mobbing effektiv bekämpft. Ein System, das Lisas Lächeln zurückbringt und ihre Zukunft sichert.

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